Der Kormoran

"Das Verwaltungsgericht Köln entschied, dass der Abschuss der Kormorane an der Sieg unzulässig sei", freut sich TM-Wildvogelexperte Christian Erdmann.

Jagd:
*Kein Kormoranabschuss an der Sieg*

12.10.2009
*Einstweiliger Rechtsschutzantrag der Tier- und Naturschützer war erfolgreich!*

Rhein-Sieg-Kreis, 5.10.2009: Der geplante Abschuss von Kormoranen an der Sieg ist ohne förmliches Befreiungsverfahren unzulässig. Das hat das Verwaltungsgericht in Köln am 1. Oktober 2009 beschlossen. Damit dürfen die Vögel im Jahr 2009 nicht mehr getötet werden, die tief greifende Störung auch anderer Vogelarten wurde abgewendet. Der Europäische Tier- und Naturschutz e.V. (ETN), das Komitee gegen den Vogelmord e.V. sowie der klagende Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in NRW hatten am 16. September 2009 gemeinsam den Kampf gegen den geplanten Abschuss der Tiere aufgenommen. Mit Erfolg!

Die Freude über den Beschluss des Gerichts, wodurch der Abschuss leidensfähiger Wirbeltiere verhindert und das Tötungsverbot des Tierschutzgesetzes erfüllt wurde, ist groß. "Zunächst war die Klage nur aufgrund eines 'Formfehlers' möglich, aber die Begründung des Gerichts geht weit über die formellen Aspekte hinaus. Damit steht der Abschuss des Kormorans - zumindest in Naturschutzgebieten - in absehbarer Zukunft generell auf dem Prüfstand", freut sich Dieter Ernst, ETN-Vorstandsmitglied, und blickt optimistisch in die Zukunft. Die Klage beim Verwaltungsgericht Köln konnte nur durch den BUND oder den NABU eingereicht werden, da in Deutschland den Tierschutzverbänden immer noch kein Klagerecht eingeräumt wird. Diesbezügliche Forderungen des ETN und anderer Tierschutzorganisationen auf ein Verbandsklagerecht im Tierschutz scheiterten bislang am politischen Willen. Aber es geht auch in Zusammenarbeit - wie der aktuell Fall zeigt.

*Abschuss wurde untersagt*

Der Rhein-Sieg-Kreis hatte bereits zum zweiten Mal auf Antrag der Sieg-Fischerei-Genossenschaft den Abschuss von Kormoranen an der Sieg gestattet, ohne die anerkannten Naturschutzverbände förmlich zu beteiligen. "Dem BUND wurde allerdings nicht nur das ihm gesetzlich zustehende Beteiligungsrecht verweigert, sondern zugleich die Möglichkeit einer späteren gerichtlichen Überprüfung durch das Verwaltungsgericht genommen", so Dr. Frank Niederstadt (Hannover), Rechtsanwalt des BUND. Das Gericht hat das Vorgehen der Kreisverwaltung beanstandet und damit den Abschuss ohne das vorherige Befreiungsverfahren untersagt. Eine gebietsschutzrechtliche Befreiungsentscheidung für den Abschuss ist erforderlich, da in den betroffenen Naturschutzgebieten Tiere geschützt sind und nicht getötet oder gestört werden dürfen.

*Begründung im Sinne des Tierschutzes*

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Beschluss eine Reihe von wichtigen Hinweisen gegeben: Zum einen hält es einen ausreichenden wissenschaftlich gestützten Nachweis, dass Kormorane den Rückgang von Fischarten im konkreten Gebiet bewirken, für erforderlich. Die Kormoranverordnung und der hierzu ergangene Erlass des Landesumweltministeriums ersetzen diese konkrete Beweisführung im Naturschutzgebiet nach Auffassung des Gerichtes nicht. Zum anderen bezweifelt das Gericht, dass der Fischerei-Genossenschaft ein Verlust an Fischen durch den Kormoran wirklich nicht zumutbar sei, der Kormoran also im Naturschutzgebiet eine ungewollte Härte oder eine ungewollte Beeinträchtigung der Natur darstelle.

*Chance für die Zukunft?*

"Durch den Beschluss wird klargestellt, dass innerhalb von Schutzgebieten die Kormoran-Verordnung und der Kormoran-Erlass nicht unreflektiert angewendet werden dürfen", resümiert Paul Kröfges, Landesvorsitzender des BUND NRW. Den Verwaltungsrichtern fehlt es schlicht an belastbaren Untersuchungen zum Einfluss der Kormorane auf die Fischbestände. Für Achim Baumgartner, Sprecher des BUND Rhein-Sieg, Anlass genug den Kreis aufzufordern, die rechtliche Qualität solcher Entscheidungen zukünftig zu verbessern. Es immer wieder auf eine Klage ankommen zu lassen, die stets Geld und Mühe koste, sei nicht der richtige Weg für einen guten Umgang miteinander.

*Kormoran als Sündenbock*

Den Anglern bietet der BUND jetzt einen konstruktiven Dialog an: "Vögel und Fische sind gleich schutzwürdig und wir sollten uns zusammen dafür einsetzen, dass an der Sieg die Schutzmaßnahmen getroffen werden, die Vögel und Fische brauchen. Aber wir werden nicht still zusehen, wenn der Kormoran zum Prügelknaben für jahrzehntelange Verfehlungen beim Gewässer- und Fischschutz gemacht wird", sagt Baumgartner. Ein besonderer Dank des BUND ging an die beiden Tierschutzorganisationen ETN und Komitee gegen den Vogelmord für die gute und wirkungsvolle Zusammenarbeit. "Als uns die Bitte um Unterstützung erreichte, fiel die Entscheidung innerhalb weniger Stunden", so Dieter Ernst. Gemeinsam mit dem ETN-Partner "Project Blue Sea" hat der ETN bereits mehrfach gegen den Abschuss des Kormorans - auch in anderen Gebieten - Beschwerde eingelegt. Hoffen wir, dass dem Kormoran (Vogel des Jahres 2010) nun endlich der notwendige Schutz zuteil wird.

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